Fachkommentar: Mag. Pharm. Gabriele Müller

Die heftigen, anfallsartigen, oft einseitigen, pochenden Kopfschmerzen, welche immer wiederkehren, schränken die Lebensqualität der Betroffenen sehr stark ein.

Man geht davon aus, dass die Symptome der Migräne durch eine Entzündung an den Gefäßen der Hirnhaut ausgelöst werden. Diese wiederum entsteht wohl durch zu schnelle Steuerungsvorgänge, bei denen Nerven- und Mastzellen vermehrt Botenstoffe und Entzündungsmediatoren freisetzen, was zu einer Erweiterung der Blutgefäße führt. Es kommt zu einer örtlichen Neurotransmitter-Überflutung (Neurotransmitter sind Botenstoffe) des Gehirns. Die Reaktion unseres Organismus darauf ist einerseits Übelkeit und Brechreiz, andererseits eine Entzündung in dem betroffenen Gebiet, welche die pulsierenden Schmerzen verursacht. Durch die vorübergehende Fehlfunktion der schmerzregulierenden Systeme reagiert man überempfindlich auf Reize.

Die Veranlagung dazu ist leider erblich. Frauen leiden häufiger unter Migräne als
Männer. Denn die Konzentration mancher Botenstoffe wie beispielsweise Serotonin im Blut ist abhängig vom weiblichen Zyklus und kann stark schwanken. So erklärt sich das häufige Auftreten von Migräneattacken beim Eisprung oder der Menstruation.

AUSLÖSEFAKTOREN (TRIGGER)

Bestimmte Reize können einen Anfall begünstigen. Deshalb sollten Betroffene unbedingt konsequent ein Kopfschmerz-Tagebuch führen, um ihre individuellen Auslöser herauszufinden.

Hier einige BEISPIELE:

  • Unregelmäßiger Schlaf-Wach-Rhythmus mit zu wenig aber auch zu viel Schlaf
  • Stark wechselnde Essgewohnheiten, beispielsweise Unterzuckerung beim Fasten
  • Hormonschwankungen z.B. Eisprung, Menstruation, Beginn oder Beendigung der Einnahme von Hormonpräparaten oder nach einer Schwangerschaft
  • Stress: hier kommt der Migräneanfall meist erst nach der Anspannung in der Erholungsphase (Wochenend- oder Urlaubsmigräne)
  • Bestimmte Nahrungsmittel
    – z.B. Schokolade, Käse, Zitrusfrüchte, Alkohol, besonders Rotwein
  • Äußere Reize wie flackerndes Licht, Lärm oder Gerüche
  • Wetter- und/oder Höhenveränderungen
  • Starke Emotionen
    wie z.B. ausgeprägte Freude oder Trauer
  • Medikamente
    wie etwa Arzneimittel, die die Gefäße erweitern (z.B. Bluthochdruckmittel, Nitropräparate oder Potenzmittel)
Migräne
Frauen sind häufiger von Migräne betroffen.
Die Veranlagung dazu ist leider erblich.

 

VERLAUF EINES MIGRÄNEANFALLS

Verschiedene Vorboten, etwa eine besonders gute Laune, Gereiztheit und/oder ein richtiger Heißhunger auf Süßes können eine Migräneattacke ankündigen.

Darauf folgt bei einem kleinen Teil der Betroffenen die so genannte Aura mit Lichtblitzen, Farb- oder Doppelbildern oft begleitet von Schwindel, Sprach-, Geruchs- und/oder Geschmacksstörungen. Danach kommen die pulsierenden, pochenden oder stechenden Schmerzen. Meist breiten diese sich auf einer Kopfseite beginnend über Stirn, Schläfe, und den Augenbereich aus.

Körperliche Aktivität und Bewegung verstärken die Symptome meist. Ein Anfall kann in der Regel 4 bis 72 Stunden anhalten. Danach verschwinden die Beschwerden allmählich. Es folgt häufig ein längeres Schlafbedürfnis.

AUSWIRKUNGEN AUF DIE LEBENSQUALITÄT

Migräne beeinträchtigt durch ihre heftigen, anfallsartigen Symptome die Lebensqualität und auch die Arbeitsfähigkeit erheblich. Man ist oft tagelang komplett außer Gefecht gesetzt. Die ständige Angst vor der nächsten Attacke minimiert oft die Vorfreude auf schöne Ereignisse.

DIAGNOSE VON MIGRÄNE

Ein Facharzt kann Migräne am besten mit einem Kopfschmerztagebuch diagnostizieren. Betroffene sollten daher Zeitpunkt, Art, Stärke, Dauer, Begleiterscheinungen, mögliche Auslöser und eine eventuelle Medikation der Kopfschmerzen genauestens dokumentieren.

Kopfschmerztagebuch
Facharzt kann Migräne am besten mit einem Kopfschmerztagebuch diagnostizieren.

 

AKUTE MIGRÄNE-THERAPIE

Migräne ist ursächlich leider noch nicht heilbar. Die Symptome können aber mit Medikamenten gelindert werden. Zusätzlich sollte man sich vor weiteren Reizen schützen, sich hinlegen und den Raum abdunkeln.

Bei leichten Migräneattacken helfen rezeptfreie Schmerzmittel (NSARs) wie Acetylsalicylsäure, Paracetamol oder Ibuprofen gut. Gegen die Übelkeit können z.B. Ingwer oder geeignete Kräuter-Magentropfen eingesetzt werden.

Generell sollten Schmerzmittel nicht zu häufig angewendet werden, denn auch verschreibungsfreie Substanzen haben Nebenwirkungen wie z.B. eine Schädigung der Magenschleimhaut, der Nieren und/oder der Leber, erhöhte Blutungsneigung u.a.

Schwerere Attacken mit oder ohne Aura können mit den sogenannten „Triptanen“ (z.B. Sumatriptan, Zolmitriptan usw.) behandelt werden. Zolmitriptan gibt es seit Kurzem in einer 2 Stück Notfalls-Packung ohne ärztliches Rezept in der Apotheke zu kaufen. Dieser Wirkstoff wirkt gefäßverengend, entzündungshemmend und schmerzlindernd. Auch die Übelkeit wird verbessert. Er dient nicht zur Vorbeugung sondern nur zur Akut-Therapie. Höher dosierte Triptan-Präparate sind verschreibungspflichtig.

Die übliche Dosis von einer Tablette sollte sofort zu Beginn der Kopfschmerzphase eingenommen werden. Kehren die Beschwerden wieder, so kann im Bedarfsfall nach ein paar Stunden eine zweite Tablette eingenommen werden.

Vor Erstanwendung der Triptane sollte auf jeden Fall ein Arzt konsultiert werden, ob diese Substanz individuell geeignet ist. Denn bei bestimmten Vorerkrankungen (z.B. Bluthochdruck, Herzerkrankungen usw.) oder bei Anwendung anderer Arzneimittel (z.B. Johanniskraut, Antidepressiva usw.) ist Vorsicht geboten.

Besser als jedes Medikament ist es vorzubeugen, um die Häufigkeit, die Dauer und die Intensität der Anfälle zu reduzieren.

Migräneanfall
Stressreduktion und Ausdauersport können
helfen Migräneanfällen vorzubeugen.

MIGRÄNE VORBEUGUNG

Präparate, die prophylaktisch dauerhaft angewendet werden können, sind z.B. das Mutterkraut oder eine Kombination von Magnesium, Coenzym Q10 und Vitamin B2. Außerdem befinden sich Migräne vorbeugende Probiotika (Mittel zum Aufbau der Darmflora) im Handel.

Neben dem Vermeiden von Stress und gezielten Entspannungstechniken wie z.B. die Muskelrelaxation nach Jacobson (PMR) eignet sich ebenfalls stressfreier Ausdauersport (Schwimmen, Laufen…) hervorragend, um Migräne einzudämmen.

Ein regelmäßiger, ausreichender Schlaf ist enorm wichtig. Auch starke Schwankungen des Blutzuckerspiegels sollten vermieden werden. Sind die Triggerfaktoren bekannt, gilt es, diese möglichst fern zu halten. So könnte man beispielsweise Musik oder den Fernseher leiser stellen oder bei zu starker Lichteinstrahlung eine Sonnenbrille tragen.

Wichtig
Leidet man öfter an Migräne oder Kopfschmerzen bzw. dauern diese längere Zeit an, muss in jedem Fall ein Arzt hinzugezogen werden.

Eine Migräne-Therapie sollte grundsätzlich nie ohne ärztliche Beratung und Absprache begonnen werden. Denn Experten zufolge schlucken zahlreiche Menschen viel zu häufig Schmerzmittel und leiden dann außer an den Nebenwirkungen an einem von den Schmerz-Medikamenten selbst ausgelösten Kopfschmerz.

Der Artikel Migräne ist erstmals auf APOgesund.at erschienen.