Frühlingsgefühle und Potenz

So stehen Sie Ihren Mann

Fachkommentar: Mag. pharm. Gabriele Müller |

Längere Tage, höhere Temperaturen, Sonne auf der Haut sorgen für bessere Laune und auch mehr Lust auf Sex.

Verantwortlich dafür ist das Glückshormon Serotonin. Je mehr Sonne, desto mehr Serotonin wird produziert. So entstehen Frühlingsgefühle. Wir können die erwachende Natur förmlich riechen, sind aktiver und leistungsfähiger – auch im Bett.

Doch für viele Männer beginnt genau hier der Frust an der Lust. Als Erektile Dysfunktion bezeichnet man die eingeschränkte Fähigkeit, eine für eine zufriedenstellende sexuelle Aktivität ausreichende Erektion zu erlangen bzw. zu halten. Jeder fünfte Mann über 30 Jahren leidet darunter und mit wachsendem Alter steigt die Zahl der Betroffenen weiter. Männlichkeit und das männliche Ego sind eng mit der Standfestigkeit des „besten Stückes“ verbunden. Das zeigt sich dann besonders deutlich, wenn diese nachlässt. Nicht selten führt das in einen Teufelskreis: Der Betroffene möchte sich und seiner/m Partnerin/Partner nun erst recht beweisen, wie potent er ist. Dadurch kommt es zum Erfolgsdruck, der sich wiederum negativ auf die Erektionsfähigkeit auswirkt. Die entstehende Frustration bleibt auch für die Beziehung nicht ohne Folgen. Denn der Betroffene fühlt sich als „Versager“.

Komplexe Zusammenhänge

Zu einer sexuellen Erregung kann es auf unterschiedlichste Weisen kommen: Sinneseindrücke wie Bilder, Berührungen, bestimmte Gerüche aber auch Phantasien bewirken stimulierende Nervenimpulse. Botenstoffe lassen die Muskeln der Schwellkörper und der Blutgefäße im Penis entspannen. So strömt Blut schnell in die Schwellkörper und lässt diese anschwellen. Gefüllt drücken sie auf die ableitenden Blutgefäße, sodass das Blut im Gegenzug nur langsam abfließen kann. Diese Vorgänge führen letztlich dazu, dass der Penis sich vergrößert und aufrichtet.

Probleme mit der Erektion können vielerlei Gründe haben

Man unterscheidet zwischen:

  • Altersbedingten Erektionsstörungen
  • Nebenwirkungen durch regelmäßige Einnahme bestimmter Medikamente wie Bluthochdruckmittel (z.B. Betablocker),
    Entwässerungsmittel (Diuretika), Lipidsenker, Antidepressiva uvm.
  • organischen Ursachen wie etwa Veränderungen am Penis direkt (z.B. durch Testosteronmangel), der Blutversorgung z.B. durch Arteriosklerose) oder der Nerven (z.B. durch Diabetes), Übergewicht uvm.
  • psychogenen Ursachen wie Depressionen, Zeitdruck, Stress, Probleme in der Partnerschaft oder in der Arbeit, ständiger Konsum digitaler Medien (Handy, Computer,…), erhöhter Alkoholkonsum, Rauchen uvm.

Das Problem ist so alt wie die Menschheit selbst. Deshalb boomt seit Menschengedenken der Markt mit potenzsteigernden Mitteln.

Achtung
Vorsicht vor haltlosen, überhöhten Versprechen und sogenannten natürlichen Potenzmitteln aus dem Internet und anderen unseriösen Quellen.

Vielen Betroffenen sind ihre Erektionsprobleme sehr peinlich. Sie sprechen nicht einmal mit ihrem Arzt darüber. Ein riesiger Fehler. Denn es könnte ein akutes Warnzeichen für eine ernste Erkrankung wie z.B. einen sich andeutenden Herzinfarkt, Schlaganfall, hohen Blutdruck oder Diabetes sein.

Aus Scham bestellt ein hoher Prozentsatz der Männer Potenz steigernde Medikamente anonym im Internet. Das ist hoch riskant. Um dem qualitätssichernden Prozess der Arzneimittelzulassung zu umgehen, dürfen diese „Mittelchen“ keine medizinische Indikation aufweisen. Andererseits dürfen Nahrungsergänzungsmittel ohne jeglichen Wirkungsnachweis (!) im Internet angeboten werden, eben weil sie kein Medikament sind.

Das ermöglicht unendlich tolle Versprechungen, die niemand kontrolliert. Oft findet man bei „natürlichen Potenzmitteln“ keine oder nur sehr ungenaue Angaben über die Inhaltsstoffe. Da das auch nicht überprüft wird, können daher einerseits unwirksame oder sogar schädliche Substanzen enthalten sein, andererseits vielleicht streng verschreibungspflichtige Wirkstoffe (etwa PDE-5-Hemmer wie z.B. Sildenafil oder Tadalafil) mit möglicherweise gefährlichen Nebenwirkungen.

Hier eine kleine Auswahl von wirklich hilfreichen Substanzen:

L-Arginin
Studien deuten darauf hin, dass diese körpereigene Aminosäure als Stickstoffquelle die NO-Produktion ankurbeln kann. Das Gas NO (Stickstoffmonoxid) erweitert als Botenstoff die Blutgefäße und hat entspannende Effekte auf die glatte Muskulatur des Schwellkörpers (siehe oben). NO zeigt darüber hinaus positive Eigenschaften auf alle Blutgefäße: Es kann den Blutdruck senken, die Thrombosegefahr verringern und vor gefährlichen Gefäßablagerungen (Arteriosklerose) schützen. Die Tagesdosis sollte aber nicht unter 6 g liegen.

Ginseng
Ein sehr bekanntes und oft eingesetztes Potenzmittel aus der Natur: Die Ginsengwurzel soll Auswirkungen sowohl auf die Libido als auch auf die Erektionsfähigkeit haben. Die Wirkung wird wohl ebenfalls über eine gesteigerte NO Produktion verursacht.

Yohimbin
Das Alkaloid aus der Rinde des westafrikanischen Yohimbe-Baums kann ebenso sowohl die Potenz als auch die Lust steigern und ist als reine Substanz verschreibungspflichtig. Über die Beeinflussung von Rezeptoren im zentralen Nervensystem steigert Yohimbin die Durchblutung der Genitale. Außerdem soll die Sensibilität für Zärtlichkeiten erhöht sein.

Achtung
Yohimbin darf nie in Kombination mit Antidepressiva oder mit Alkohol eingenommen werden!

Die Dosierung sollte nur langsam gesteigert werden. Bei Überdosierung kann es zu schmerzhaften Dauererektionen ohne sexuelle Erregung (Priapismus), Muskelzittern, Krämpfen, Störungen der Herztätigkeit, Kreislaufschwächen usw. kommen. Aus diesem Grund muss die Einnahme stets mit einem Arzt abgeklärt werden.

Damiana (Turnera diffusa)
Die Pflanze aus der Gattung der Safranmalven galt schon bei den Mayas als Mittel zur Luststeigerung (Aphrodisiakum). Sie soll die erotische Stimulation durch eine erhöhte Hautempfindlichkeit verstärken, indem sie die Durchblutung fördert. Damiana kann bei Erektionsproblemen helfen, die Orgasmus-fähigkeit fördern und den Samenerguss verzögern. Es kann aber auch Frauen mit Orgasmusschwierigkeiten, gesunkener Libido und Schmerzen beim Geschlechtsverkehr helfen. Damiana wird in vielen Formen angeboten: Als Tabletten, Tropfen, Tee usw. Zur Steigerung der Lust kann man Damiana kurzfristig einnehmen. Um anhaltende Erektionsstörungen zu verbessern, ist eine langfristige Anwendung notwendig.

Vorsicht! Auch rein natürliche Produkte können Neben- und Wechselwirkungen verursachen.

Darum sollte man immer ärztlichen Rat suchen, bevor Potenz steigernde Mittel egal welcher Art eingenommen werden und diese dann in einer Apotheke kaufen. Denn nur dort sind die Inhaltsstoffe qualitativ und quantitativ deklariert und geprüft.

Die Veränderung des Lebensstils ist wichtig

Noch einmal zur Erinnerung: Es ist sehr wichtig, dass das Blut während der sexuellen Erregung ungehindert in den Penis fließen kann. Bei sexueller Stimulation fließt etwa 40 bis 100 Mal so viel Blut pro Zeiteinheit in den Penis hinein. Das bedeutet, dass Mann sehr „fitte“ Blutgefäße benötigt.

Was kann man dafür tun?

  • Übergewicht vermeiden
  • Regelmäßige Bewegung
  • Rauchen und Alkoholkonsum verringern
  • Gesunde Ernährung mit viel frischem Gemüse und Fisch
  • Sexuell aktiv bleiben: Männer zwischen dem 55. und dem 75. Lebensjahr, die weniger als einmal pro Woche sexuell aktiv sind, leiden doppelt so häufig an Erektionsstörungen wie regelmäßig sexuell Aktive. Häufiger Geschlechtsverkehr beugt also Erektionsstörungen vor.

Aber auch eine Veränderung der Lebensweise mit Stressabbau, Beckenbodentraining, gemeinsamen Unternehmungen mit viel Zeit für die/den Partner/in bereichern das Liebesleben. Auch sollten Handy, Computer und Co im Bett nichts verloren haben. So lenkt nichts von der Lust ab.

Frühjahrstipp: Vorsicht beim Radfahren. Der Druck des Sattels behindert die Durchblutung und kann langfristig die Infrastruktur des Penis negativ beeinflussen. Deshalb einen Spezialsattel verwenden oder öfter Pausen einlegen.

2020-08-31T11:19:41+02:00
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